Das Programmier- und Einmessgleis

In obigen Bild seht ihr weder ein Programmiergleis, noch ein Einmessgleis – es ist hier schlicht eine „Schublade“, welche am unteren Rand der Anlage leicht zu erkennen ist. Doch wozu das Ganze überhaupt?

Ein Programmiergleis ist im Bereich der digitalen Modelleisenbahn ein spezieller Gleisabschnitt, der ausschließlich für das Programmieren und Individualisieren von Lokdecodern verwendet wird. Es hat divese Vorteile und ist in vielen Anleitungen und Digitalzentralen vorgesehen:

Warum benötigt man ein Programmiergleis?

  • Auf dem Programmiergleis wird der Decoder in der Lok sicher angesprochen, ohne dass andere Fahrzeuge auf der Anlage von Programmiervorgängen betroffen sind.
  • Das Programmiergleis ist elektrisch getrennt vom restlichen Anlagenbetrieb. Dadurch ist ausgeschlossen, dass durch Fehlprogrammierungen oder Spannungsspitzen Schäden an anderen Digitaldecodern oder Fahrzeugen entstehen.
  • Viele Digitalzentralen erkennen automatisch, ob sie sich im Programmiermodus befinden und liefern dann besondere Signale, die auf den Betrieb mit einem einzelnen Fahrzeug (auf dem Programmiergleis) abgestimmt sind.

Daneben gibt es auch die Programmierung im Hauptgleis, welche ich allerdings nicht empfehle.

Nachteil der Programmierung im Hauptgleis:

  • Bei der so genannten „Programmiermöglichkeit auf dem Hauptgleis“ (POM/CV19-Programmierung) können versehentlich mehrere Loks gleichzeitig angesprochen werden, wenn Decoder dieselbe Adresse nutzen oder sich ein Decoder nicht normgerecht verhält.
  • Es besteht die Gefahr, unbeabsichtigt alle auf dem Hauptgleis stehenden Loks umzuprogrammieren – besonders ärgerlich bei mehreren Modellen.
  • Manche CVs (wie die Decoderadresse) lassen sich aus Sicherheitsgründen nicht direkt im Hauptgleis ändern, sondern nur auf dem Programmiergleis.

Vorteil eines dedizierten Programmiergleises mit Anfahrmöglichkeit:

  • Besonders praktisch ist ein fest installiertes, aber von der Hauptstrecke elektrisch trennbares Programmiergleis, das per Weiche angefahren werden kann.
  • So kann jede Lok bequem aus dem Anlagenbetrieb „zum Programmieren fahren“ und nach der Einstellung wieder in die Anlage eingegliedert werden, ohne umständliches Umsetzen oder Abnehmen.
  • Dies erhöht die Betriebssicherheit und minimiert die Gefahr von Fehlern oder Kurzschlüssen.
  • Moderne Lösungen kombinieren das Programmiergleis mit einem Umschalter (2 x UM), sodass dasselbe Gleis wahlweise als Programmiergleis oder Anlagengleis genutzt werden kann.

Die Anforderungen an ein Programmiergleis sind unterschiedlich – und es muss auch nicht immer eine „Zentrale“ sein, über welche das Programmieren stattfindet. So habe ich seit kurzem einen ESU Lokprogrammer im Einsatz, mit dem sowohl die Firmware von (ESU-) Decodern aktualisiert werden kann, als auch direkte Programmierung möglich ist. Was mir auch nicht bekannt war: Der Lokprogrammer hat ähnliche Funktionen wie eine Zentrale – man kann mit ihm auch Loks steuern und Fahr- und Funktionsbefehle direkt auf dem Programmiergleis ausführen.

Ein ESU-Programmiergleis ausschliesslich für den ESU Lokprogrammer ist aber nicht ausreichend! Denn mit diesem „Programmer“ lassen sich nur ESU Decoder programmieren. Wenn wir aber z.B. eine neue Lok mit einem anderen Decoder erhalten1so sind in vielen neuen Loks spezifische Decoder eingebaut wie z.B. D&H bei Brawa, Pikodecoder bei Piko und Zimo bei Roco, so benötigen wir ein Programmiergleis, welches mit der Zentrale verbunden ist und von dieser aus programmiert werden kann. Auch wenn man denkt – brauch ich doch nicht, aber alleine die Anfangsadresse muss ja immer geändert werden. Wir kommen also um die Funktion eines „allgemeinen Programmiergleises“ nicht herum

Als dritte Funktion benötigen wir ein Einmessgleis:

Ein Einmessgleis ist auf digitalen Modelleisenbahnanlagen vor allem dann sinnvoll, wenn eine digitale Steuerung (z.B. Computersteuerung wie TrainController, Rocrail oder ähnliche Programme) verwendet wird. Dieses spezielle Gleis spielt eine wichtige Rolle beim Steuern der Loks und garantiert milimetergenaues Anhalten der Loks.

Warum ist ein Einmessgleis sinnvoll?

  • Bei der computergestützten Steuerung müssen Lokomotiven genau „wissen“, wie schnell sie auf bestimmten Fahrstufen fahren und wie lange sie zum Beschleunigen und Bremsen brauchen.
  • Das Einmessgleis dient dazu, die Fahreigenschaften exakt zu messen und für jede Lok entsprechende Werte (z.B. Geschwindigkeit, Bremsweg) zu ermitteln.
  • Damit kann die Steuerungssoftware präzise berechnen, wann und wie eine Lok stoppen muss – etwa an Bahnsteigkanten, Signalen oder im Schattenbahnhof.
  • Nur mit sauberen Einmessdaten sind Funktionen wie exaktes Halten, automatischer Fahrbetrieb und flüssige Geschwindigkeitswechsel möglich.

Warum ist ein Testgleis sinnvoll?

Beim Programmieren von Loks lohnt es sich, diese vorher einzufahren. Neue Loks sollten sogar immer mindestens 20min in jede Richtung eingefahren werden. Nur dann kann das Einmessen gut funktionieren. Dies hatte ich in der Vergangenheit über die Anlage gemacht – da die Loks aber ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingemessen waren, fuhren diese oftmals zu weit, oder blieben in Langsamfahrbereichen stecken. Wenn wir aber eh schon ein Einmessgleis mit drei Meldern haben, dann sollten wir dieses auch als Testgleis zum Einfahren nutzen können. Elektrisch ist diese Funktionalität identisch zum Einmessgleis.

Für mein Kombigleis (oben im Bild übrigens in eingeschobenem Zustand) hatte ich 2m Gleislänge zur Verfügung. Und da man dieses Gleis nun wirklich nicht jeden Tag benötigt, habe ich es als Schublade unter der Anlage gebaut. Ein Sonderfall bei mir ist die Nutzung von H0 und H0e – deshalb ist das Gleis als Dreischienengleis aufgebaut.

Das Gleis bietet alle oben genannten Funktionen und ist getrennt manuell umschaltbar auf die jeweilige Funktion – nebenstehend die drei Schalter dafür (zur Verschaltung weiter unten). Das Einzige, was fehlt ist die Zufahrt von der Hauptanlage – dazu fehlte einfach der Platz in Nächternhausen (ich hatte aber auch bei der Planung damals keinen blassen Schimmer von der Funktion eines Programmiergleises).

Wer sich hier über die etwas „speziellen“ Gleise wundert: Ich hatte noch einige ältere Flexgleise mit 2.8mm Profilhöhe aus der Zeit des Anlagenbaus. Aber da ich ein Dreischienengleis benötigte, habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und die Gleise auf Kupferplättchen gesetzt die ich vorher zurecht gesägt hatte und dann aufgelötet (hier hilft Löthonig!). Selbstverständlich könnt ihr auch ganz normale Schienen nutzen.

Wer noch in der Planungs- oder Bauphase ist sollte ein dediziertes kombiniertes Programmier- und Einmessgleis mit berücksichtigen. Dieses kann zur Platzreduktion auch getrennt von der Anlage oder unter der Anlage platziert werden.

Hier nochmal zur Übersicht die Funktionen die das Gleis haben soll:

  • Nutzung als reines Programmiergleis – Verbindung zum Programmieranschluss der Intellibox Basic – bzw. dem Programmiergleis eurer Digitalzentrale. Alle drei Abschnitte sind dabei elektrisch verbunden und bilden somit ein einzelnes, langes Programmiergleis.
  • Nutzung als Messgleis – Verbindung der drei Abschnitte jeweils zu drei Strommeldern. Das Messgleis kann auch als Testgleis zum Einfahren von Loks verwendet werden.
  • Nutzung als ESU Programmergleis – Verbindung zum ESU Lokprogrammer – auch hier sind alle drei Abschnitte elektrisch verbunden. Damit kann auch eine Lok über die ESU Funktion eingemessen werden (das ist eine spezielle Funktion, mit der die Lok kurz unter Vollgas läuft und nicht steuerbar ist – die wichtigsten Motorparameter werden dabei automatisch eingestellt).
  • Nutzung als Testgleis – dazu sind auch wieder alle Abschnitte miteinander verbunden, diese sind an die TAMS Zentrale (meine „Fahr“zentrale) angeschlossen. Diese Funktion ist nicht unbedingt erforderlich – es ist praktisch die „Default“funktion der elektrischen Schaltung und deshalb ein „ehda“-Gleis. Es dient mir inzwischen auch dazu neue Loks erstmal einfach nur auszuprobieren, ohne das ein Melder dazu anspricht.

Ein spezielles Programmiergleis kann man für viele Funktionen verwenden: Als Testgleis für neue Loks, zum Programmieren von Decoder, oder auch zum Einmessen von Loks.

Bei der Umsetzung sollte man folgende Rahmenbedingungen beachten:

  • Das ESU-Programmiergleis muss vom Hauptgleis vollständig elektrisch getrennt sein. Schon ein Überfahren von Programmiergleis zu Hauptgleis ist eine Überbrückung die sogar beim ESU Lokprogrammer zu dessen dauerhaften Schäden führt!
  • Das Einmessgleis muss in 3 Abschnitte eingeteilt werden und benötigt eine bestimmte Mindestlänge. Laut Diskussionen im Forum der Software Traincontroller, die ich in Nächternhausen verwende, sollte das mittlere Gleis 90cm – 100cm lang sein. Rechts und Links sollten noch die längsten Loks unterzubringen sein und ihre Zielgeschwindigkeit garantiert bei Nutzung des mittleren Abschnitts garantiert erreichen. Je nachdem wie man Anfahr- und Bremsverzögerung eingestellt hat, kann das schon relativ lang sein. Ich stelle daher beide CV Werte beim Einmessen immer auf Null, sodaß ca. 50cm reichen
  • Sowohl Programmier- als auch Einmessgleis sollte weder Weichen, noch Steigung oder Gefälle oder Kurven aufweisen.

Die Verschaltung sieht dann so aus:

Zur Verwendung kommen hier jeweils drei Schalter: 3xUM für das Einmessgleis und jeweils 2xUM für Programmiergleis und ESU-Programmierung. Solche Multischalter gibt es beispielsweise bei Reichelt. Hier als Beispiel die Variante mit 6xUM

Egal wie die Schalter gedrückt sind – es wird jeweils nur eine Funktion ermöglicht. Jeweils eine Funktion muss deaktiviert werden (ausgeschaltet werden), damit eine andere Funktion aktiviert werden kann. Natürlich lässt sich diese Schaltung beliebig erweitern – falls ihr z.B. noch einen anderen Programmer als nur den ESU Programmer verwendet (was aber wohl nur für Vereinsanlagen ein Thema sein dürfte).

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